#038 - Organisationsstrukturen im Profisport – Tradition oder Moderne?
Der Profisport in Deutschland ist stark von traditionellen Organisationsstrukturen geprägt. Doch es lässt sich zunehmend feststellen, dass diese starren Modelle den Anforderungen einer sich wandelnden und dynamischen Sportwelt nicht mehr gerecht werden. Oft sind sie linear und hierarchisch strukturiert – ein Ansatz, der in der heutigen, schnelllebigen Umgebung des Sports, in der ständige Anpassung und Optimierung erforderlich sind, nicht mehr funktioniert.
Vereine und Verbände sehen sich mit einer Vielzahl neuer Geschäftsmodelle und Herausforderungenkonfrontiert, können diese aber in bestehenden Organisationsstrukturen nicht erfolgreich integrieren. Besonders hervorzuheben sind die Bereiche CRM & Fan-Zentrierung, Digitalisierung von Geschäftsmodellen und die Nachhaltigkeit in ihren 3 Dimensionen. Ebenso wichtig ist die zusätzliche Herausforderung der Talentbindung im Arbeitsmarkt, was beispielsweise die Anpassungsbereitschaft an moderne Arbeitszeitmodelle einschließt. Diese Aufgabenfelder sind integrale Bestandteile moderner Wachstumsstrategien und müssen entsprechend effektiv in die Organisationsstrukturen und Prozesse integriert werden. Traditionelle Linien-Modelle sind jedoch nicht darauf ausgelegt, diese Komplexität und Flexibilität zu bewältigen. Und die Praxis zeigt, dass in vielen Sport-Organisationen noch keine Antwort auf diese Herausforderungen gefunden wurde.
Dieser Blog-Beitrag beleuchtet, wieso die Organisationsstrukturen vieler Sportvereine den aktuellen Anforderungen, Herausforderungen und Zielen nicht mehr gerecht werden und wie moderne Ansätze aussehen können.
Traditionelle Strukturen & der moderne Wandel
Traditionelle Sportorganisation
Traditionelle Organisationsstrukturen im Profisport sind durch Hierarchien, klare Rollenverteilungen und starre Entscheidungswege gekennzeichnet. Diese waren in Zeiten mit weniger schnellem Wandel durchaus effektiv. Doch in der heutigen, sich ständig verändernden Sportlandschaft, in der langfristige und nachhaltige Entwicklungen entscheidend sind, stellen sie sich als zunehmend hinderlich dar. Die traditionelle Linienorganisation, bei der Entscheidungen von oben nach unten getroffen werden und die Kommunikation entlang festgelegter Hierarchien verläuft, erweist sich als wenig flexibel. Starre Führungsstrukturen und eine strikte Trennung von Abteilungen erschweren die interne Zusammenarbeit, unter anderem durch mangelnden Informationsaustausch und unklare Ergebnisverantwortungen. Sie hemmen die Innovationsfähigkeit und behindern den Informationsfluss. Entscheidungsprozesse sind zeitaufwändig, und Abteilungsegoismen erschweren eine ganzheitliche Sichtweise. Zudem erfolgt die Besetzung von Positionen häufig eher taktisch als strategisch. Das bloße Austauschen von Führungskräften oder Mitarbeitenden dient kurzfristigen Zielen und berücksichtigt nicht die langfristigen Anforderungen an nachhaltige Personal- und Unternehmensentwicklung. Diese Strukturen laufen Gefahr, die wachsenden Erwartungen von Sponsoren, Mitgliedern, Fans aber auch Ligen und Verbänden nicht mehr zu erfüllen.
Das Ziel für eine moderne Organisation ist eine prozess- und projektorientierte Arbeitsweise, die Interdisziplinarität und Flexibilität fördert. Dieser Ansatz, der sich bereits in der freien Wirtschaft bewährt hat, ermöglicht es verschiedenen Experten, abteilungsübergreifend und unabhängig von ihrer formalen Position in der Organisation an gemeinsamen Zielen und Herausforderungen zu arbeiten. Dies steht im Gegensatz zur traditionellen Linienorganisation, bei der Aufgaben oft strikt nach Zuständigkeiten verteilt sind.
Was heute gebraucht wird, sind agile Strukturen, die schnelle Anpassungen und eine flexible Reaktion auf moderne Herausforderungen ermöglichen. Nur so können Vereine und Verbände den stetigen Wandel erfolgreich meistern und langfristig konkurrenzfähig bleiben.
Mögliche Ansätze eines modern strukturierten Sportvereins
Ein vielversprechender Ansatz für die Neustrukturierung von Sportvereinen ist die Matrixorganisation. Dieses Modell ermöglicht eine flexiblere, mehrdimensionale und dynamischere Zusammenarbeit. Fachwissen aus verschiedenen Bereichen wird effizient gebündelt, Abteilungen werden verknüpft und Projekte können schneller und zielgerichteter umgesetzt werden – es bleibt niemand auf der Strecke. Hinzu kommen sogenannte "Dual Reporting Lines", die es Mitarbeitern ermöglichen sowohl an verschiedene Führungsebenen als auch an unterschiedliche Abteilungen zu berichten. Diese Struktur fördert nicht nur die Effizienz von Prozessen, sondern auch die strategische Weitsicht.
Aufbauend darauf sind interdisziplinäre Projektteams ein weiterer zentraler Baustein moderner Organisationen. Diese teils temporären Teams, die etwa für spezifische Aufgaben wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung zusammengestellt werden, ermöglichen die flexible und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit von Experten. Innovationen, die in traditionellen hierarchischen Strukturen oft schwer in den Arbeitsalltag und Prozesse integriert werden können, finden so leichter ihren Weg in die operative Umsetzung. Auch externe Experten können für diese Teams hinzugezogen werden um weiteres, spezifisches Know-How mit einzubringen und die Organisation weiterzuentwickeln. Ein "Sustainability Board" kann beispielsweise gezielt die Nachhaltigkeitsstrategie eines Vereins vorantreiben. Ebenso lassen sich digitale Transformationsprozesse durch ein Team aus internen Fachkräften und externen Experten beschleunigen und optimieren.
Eine weitere Möglichkeit ist die Schaffung einer eigenen Abteilung für "Geschäftsentwicklung & Digitalisierung ". Diese Strategie-Abteilung könnte neue Geschäftsfelder identifizieren und testen. Bei Erfolg könnten diese entweder in die bestehenden Strukturen integriert oder als eigenständige Abteilungen aufgebaut werden. So ermöglicht der Verein, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und neue Chancen effektiv nutzen zu können.
Eines der größten Hindernisse in traditionellen Strukturen ist die lineare Kommunikationskultur, die zu Silo-Denken und ineffizienter interner Kommunikation führen kann, aber auch zu Problemen im Kontext der Gesamtstrategie. Um das Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bereichen zu verbessern, sind schnelle und effektive Kommunikationswege unerlässlich. Projektbezogene sowie abteilungsübergreifende Meetings oder interne Plattformen (bspw. Blogs), auf denen die einzelnen Abteilungen den aktuellen Status ihrer Projekte teilen, sind wertvolle Instrumente, um den Wissensaustausch und den Lernprozess zwischen den Teams zu fördern. Transparente Ziele und KPIs, die in allen Abteilungen etabliert und kommuniziert werden, schaffen darüber hinaus eine einheitliche Ausrichtung für die Gesamtstrategie und stärken das Engagement der Mitarbeiter.
Der Wandel hin zu einer modernen Organisationsstruktur muss von einer offenen Feedback-Kultur begleitet werden. Diese schafft ein Umfeld, in dem kontinuierliche Verbesserung gefördert und Veränderung als Chance statt einer Bedrohung wahrgenommen wird. Eine solche Kultur ist der Schlüssel, um die Transformation erfolgreich zu gestalten.
Fazit
Die Umstellung auf moderne Organisationsstrukturen erfordert Entschlossenheit und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Dieser Innovationswille wird langfristig den Unterschied zwischen erfolgreichen und stagnierenden Sportorganisationen ausmachen. Flexiblere Strukturen und interdisziplinäre Zusammenarbeit bilden das Fundament, um sportliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ziele gleichermaßen zu erreichen und nachhaltig zu festigen.
Entscheidend ist dabei, dass die Strategie oder Neuausrichtung alle relevanten Akteure mit einbezieht. Nur wenn alle Entscheidungsträger die erarbeitete Strategie mittragen und sich zu den daraus resultierenden Strukturen bekennen, kann der Wandel erfolgreich sein. Des Weiteren sollten sich die Strukturen des Vereins nicht an den handelnden Personen orientieren, sondern primär an den strategischen Zielen. Basierend auf diesen Zielen können die Positionen dann besetzt werden und externe Experten hinzugezogen werden. Dasselbe gilt für neue Abteilungen und die Verknüpfung in einer Matrixorganisation.
So wird sichergestellt, dass der Verein langfristig erfolgreich agiert – auf und abseits des Spielfeldes.
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Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text das generische Maskulinum verwendet. Gemeint sind jedoch immer alle Geschlechter.
15.10.2024