#036 - Private-Equity-Beteiligungen – Die Investorenlandschaft im Ökosystem Profifußball
Bereits vergangenen Oktober haben wir unseren umfassenden Report zur Investorenlandschaft im europäischen Fußballmarkt veröffentlicht, der einen Überblick insbesondere zur Thematik der Multi-Club Ownerships bot. Seitdem hat sich der Markt weiterentwickelt.
Zu den jüngsten Transaktionen gehört der Erwerb von 80% der Anteile am französischen Zweitligisten SM Caen durch Kylian Mbappé über Coalition Capital, die Investmentgesellschaft seiner Firma Interconnected Venture. Auch in Deutschland erwarb der US-Amerikaner Calvin Ford aus der Ford-Familie 15% an der Kapitalgesellschaft des SSV Ulm. In England sicherte sich Red Bull eine Minderheitsbeteiligung am englischen Zweitligisten Leeds United.
In unserem neuesten Blog-Beitrag geben wir eine Aktualisierung und zudem eine Einordnung zu möglichen Clubinteressen bei dem Verkauf von Anteilen an einen privaten Investor.
Investitionsumfeld europäischer Fußballmarkt
Mit der COVID-19-Pandemie hat sich die Investorenlandschaft im europäischen Fußball erheblich verändert. Die Jahre 2021 und 2022 markierten den Höhepunkt einer intensiven Investitionswelle, die durch mehrere Faktoren begünstigt wurde. Historisch niedrige Zinssätze während der Pandemie machten Fremdkapital günstig und zogen neue Investoren an. Gleichzeitig führten pandemiebedingte finanzielle Verluste dazu, dass viele Clubs zumindest anteilig zum Verkauf standen, was zusätzliche Investitionsmöglichkeiten schuf. Demgegenüber verfügten Private Kapitalinvestoren nach langem Kapitalaufbau über große liquide Mittel und erhielten weitere Begünstigungen durch die gelockerte Geldpolitik der Zentralbanken.
Mit dem wachsenden Einfluss von Private-Equity-Investitionen zeigt der europäische Fußballmarkt Stand 2023 folgende Verteilung der Eigentümerstruktur auf. 51% der Erstligisten befinden sich im privaten Eigentum - Club wird von einer oder mehreren privaten Einzelperson(en) und/oder Organisationen beherrscht. Der Begriff des Eigentums/Beherrschung bezieht sich dabei auf den finanziellen Profiteur mit mehrheitlichen wirtschaftlichen Rechten am Kapital eines Clubs und nicht auf die Partei die, die Kontrolle über Entscheidungen des Clubs ausübt. Er kann jedoch auch beides in einer Person sein.
Bei Betrachtung der "Top-5"-Ligen haben 39% der Clubs Verbindungen zu privaten Investoren, die eine Mehrheitsbeteiligung der Kapitalanteile halten – bspw. durch klassische Private-Equity-Investitionen oder die Kapitalzuführung von Privatpersonen, wobei der größte Anteil in England (13 Clubs) zu finden ist, gefolgt von Frankreich (8), Italien (7), Spanien (8) und Deutschland (1). Im Jahr 2023 wechselten zudem 22 europäische Erstliga-Clubs ihren Besitzer, darunter drei aus den "Top-5"-Ligen. Diese Zahl liegt deutlich unter den 47 Clubs im Jahr 2022 und den 30 Clubs im Jahr 2021.
Quellen: UEFA; Bildquellen: Wikipedia
Der aktuell ersichtliche Rückgang der Transaktionen bzw. des Transaktions-Volumens signalisiert eine Veränderung des Investitionsumfelds, bedingt durch verschiedene Faktoren. Ein unsicheres makroökonomisches Umfeld und steigende Zinsen haben die Risikowahrnehmung verschärft, insbesondere für Investmentfonds und Finanzinvestoren. Zudem stagniert das Wachstum wichtiger Einnahmequellen wie z.B. Medienrechte, was das Wachstumspotenzial vieler Clubs einschränkt und neuste Zahlen aus Frankreich zeigen sogar einen dortigen Rückgang der Medienerlöse. Attraktive Clubs aus höheren Spielklassen stehen nach der Investitionswelle während der Pandemie kaum noch zum Verkauf und hohe Kaufpreise, die von Club-Eigentümern verlangt werden (Beispiel Manchester United), entmutigen potenzielle Käufer zusätzlich.
In diesem sich verändernden Umfeld verschiebt sich der Fokus und es zeigt sich ein Wachstum an Minderheitsbeteiligungen, welche unter anderem mit der in Deutschland geltenden 50 +1 Regel vereinbar sind, sowie Quasi-Equity-Strukturen als auch Beteiligungen in Clubs aus niedrigeren Spielklassen. Diese stellen erschwinglichere Investitionsmöglichkeiten und einen strategischen Eintritt in einen Markt mit hohen Bewertungen und unsicheren Bedingungen (geringeres Investitionsrisiko) dar. Quasi-Equity-Beteiligungen über Vorzugsaktien oder Wandelanleihen bieten privaten Investoren zudem gewisse Vorrechte oder Umwandlungsmöglichkeiten und damit ebenfalls ein geringeres Investitionsrisiko. Ein Beispiel für solche Finanzierungsstrukturen ist die Vorzugskapitalinvestition von Ares Management beim FC Chelsea.
Interessenslage der Privaten Investoren
Das wesentliche Ziel von privaten Investoren besteht darin mit ihrer Beteiligung über eine mittel- & langfristige Haltedauer eine möglichst hohe Rendite aus dem Investment zu ziehen, indem (teilw. durch den aktiven Einfluss auf die Unternehmensführung- & Strategie), der Assetwert gesteigert wird und/oder eine größtmögliche Partizipation aus erwirtschaften Gewinnen gezogen wird.
Inwiefern mit Blick auf diese grundlegende Zielstellung professionelle Fußballclubs ein attraktives Asset für private Investoren darstellen können und worin weitere mögliche Interessenspunkte im Zuge einer Clubbeteiligung stehen, haben wir im Folgenden zusammengefasst:
Vielfältige Revenue-Streams: Einnahmen aus der B2B-, B2C-Vermarktung sowie Medien-, Transfer- und Spielbetriebserlöse
stellen ein solides Ökosystem mit vielfältigen und verlässlichen Einnahmeströmen dar. Durch gezielte Wachstumsstrategien sowie der Förderung von operativen Maßnahmen, können in den einzelnen
Erlösfeldern Potenziale gehoben und eine weitere Wertschöpfung erzielt werden (Bspw.: Fokus strategische Spielerkäufe, Markenentwicklung …)
Vermögenswert Stadion: Wenn Clubs im Eigentum des Stadions stehen, kann dieses Möglichkeiten zur Weiterentwicklung und
Infrastrukturinvestitionen bieten, um das Geschäftsmodell Stadion (Hospitality, Ticketing, Attractions & Event etc.) zu optimieren/erweitern und die wirtschaftliche Leistung sowie den
Clubwert zu steigern. Aber auch Investitionen in die weitere Clubinfrastruktur (Trainings- & Nachwuchsleistungszentrum) können sich positiv auf die wirtschaftliche und sportliche
Wettbewerbsfähigkeit auswirken
Prozess-, Struktur & Kostenoptimierung: Mögliche umfangreiche Erfahrung und die Branchendiversität aus
verschiedenen Investitions-Assets der Investoren, prägen das Verständnis von Prozessen und Strukturen, was wiederum zu einer nachhaltigen Verbesserung der Betriebsabläufe und der
Managementstruktur in den Clubs führen kann (insbesondere bei Clubs aus unterklassigen Ligen) - Positive Beeinflussung der wirtschaftlichen Leistung
Innovationspotenzial: Weitere Wachstumsfelder durch Investitionen in Datenanalyse, Sportwissenschaft,
Digitalinnovation etc. – Steigerung der sportlichen und wirtschaftlichen Leistung & Synergien zu anderen Unternehmen
Marktzugang: Regionale/nationale/international Präsenz und Beliebtheit der Clubs bietet Zugang zu neuen Märkten und
Networking-Möglichkeiten (Sponsoren, Kommune etc.) - Erweiterung & Diversifikation des Portfolios, Synergien mit anderen Geschäftsfeldern des Investors
Interessenslage der Club-Seite
Um die sportliche und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren und ein weiteres Wachstum zu ermöglichen, sind ausreichend liquide Mittel für Investitionen in die Spielstärke, Infrastruktur und neue Geschäftsmodelle/kommerziellen Bereiche für Fußballclubs von wesentlicher Bedeutung und eine stabile Bilanzstruktur für die langfristige Zukunftssicherung entscheidend.
Die Aufnahme eines privaten Investors und die Generierung von zusätzlichem Eigenkapital kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, damit ein Club sein finanzielle Situation optimieren und seine Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken kann.
Diese und weitere mögliche Interessen, die einen Club zu einer Hinzunahme eines Investors bewegen können, haben wir im Folgenden übersichtlich zusammengefast:
Kapitalzufluss: Kapital kann in Infrastruktur, Spielertransfers oder in die Jugend investiert werden (bei Investitionsmaßnahmen wie Stadionum- oder Ausbau sehr relevant), aber auch in andere strat. Initiativen, wie Kommerzialisierung, Nachhaltigkeit und Soziales (letztere sind im Hinblick auf die Lizenzierungskriterien und mögliche strategische Partnerschaften ein spannender Ansatz)
Schuldenabbau: Tilgung bestehender Schulden und daraus resultierender finanzieller Stabilität
Professionalisierung: Expertise der Investoren und professionelle Managementstrukturen – Steigerung der betrieblichen Effizienz und Verbesserung der strategischen Ausrichtung des Clubs (vor allem wichtig für Clubs aus niedrigeren Spielklassen)
Netzwerk: Investoren bringen wertvolle Netzwerke und Kontakte aus der Sportwelt, aber auch branchenübergreifend – besonders interessant für Sponsoring
Wettbewerbsfähigkeit: Durch finanzielle Zuschüsse können Clubs, besonders im aktuellen sportlichen Umfeld, im Wettbewerb mithalten
Internationalisierung: Bessere Positionierung auf internationalen Märkten, Erschließung neuer Einnahmequellen (wie bspw. internationale Partnerschaften)
Innovationen & Technologien: Zugang zu modernen Technologien und innovativen Lösungen, inklusive Finanzierbarkeit
Langfristige Stabilität: Nachhaltiges Wachstum und langfristige Etablierung, wenn der Investor an einem langfristigen Engagement interessiert ist (Bsp.: Paris St.-Germain)
Reputation: Renommierte Investoren erhöhen auch die Reputation des Clubs, was wiederum weitere Investoren, Sponsoren und Partner anziehen kann
Club-Synergien: Durch Synergien mit anderen Clubs, etwa in Form von Joint Ventures oder innerhalb einer Multi-Club-Ownership (MCO)-Struktur, können zusätzliche Vorteile erzielt werden, wie der interne Know-How-Transfer, vereinfachte Kaderplanung oder ein geschlossenes System für Jugend- und Profispieler
Fazit
Mit Blick auf die skizzierte Interessenslage von privaten Investoren und Clubs im Rahmen einer Transaktionsbeteiligung, lassen sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede in den beiden Positionierungen erkennen.
Das Ziel auf Club-Seite besteht darin, maximalen sportlichen Erfolg bei finanzieller Stabilität zu erzielen, wobei potenzielle Investoren und die Generierung von Eigenkapital – gerade bei Clubs mit einem hohen Verschuldungsgrad bzw. einer weniger stabilen Bilanzstruktur – einen entscheidenden Beitrag leisten können. Im Rahmen einer Beteiligung ist es für die Clubs gleichzeitig von Bedeutung, dass die Erwartungen der Fans und neuen Investoren erfüllt werden, ohne dabei die Traditionen des Clubs zu vernachlässigen. Es kann ein Spannungsfeld zwischen Kommerzialisierung und dem Erhalt traditioneller Werte entstehen. Mit Blick auf die internationalen Ligen ist hier eine starke Einflussnahme auf Seiten der Investoren möglich, dies kann wiederum zu Konfliktpotenzial führen. In Deutschland ist der Einfluss durch 50+1 reguliert. Die Wahrung der unternehmerischen Unabhängigkeit wird bestärkt, indem der Einfluss von Investoren bspw. ausschließlich auf den gesetzlichen Rahmen sowie kommerzielle Bereiche beschränkt werden kann. Nichtsdestotrotz haben die Clubs die Möglichkeit der Generierung von zusätzlichem Eigenkapital, um die finanzielle Situation zu optimieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Denn Minderheitsbeteiligungen, inklusive Stimmrechte, sind mit der 50+1-Regel konform. Aber auch Mehrheitsbeteiligungen in der Rechtsform der GmbH & Co. KGaA als Kommanditist, bzw. wenn die Stimmmehrheit beim eingetragenen Verein liegt, sind mit der Regel vereinbar (Beispiel: Hertha BSC, 1. FC Kaiserslautern oder der FC Augsburg).
Demgegenüber stehen die Ziele auf Investoren-Seite. Auch hier liegt der Fokus auf sportlichem sowie wirtschaftlichen Erfolg - idealerweise in kürzerer Zeit und teilweise durch aktiven Einfluss - um eine Steigerung des Clubwerts sowie hohe Renditen zu erzielen. Dies trägt zur Stärkung der persönlichen Reputation des Investors bei. Während der Club bestrebt ist, den Kaufpreis der Beteiligungen zu maximieren, ist für die Investoren-Seite ein möglichst niedriger Kaufpreis entscheidend.
Es gilt also, die grundlegenden Positionen der beiden Seiten zu vereinen. Ein klar strukturiertes Erwartungsmanagement in Vorbereitung einer Clubbeteiligung (Minderheits- als auch Mehrheitsbeteiligungen) ist somit ausschlaggebend, um potenzielle Risiken für öffentliche Reputationsschäden und negative wirtschaftliche Auswirkungen zu minimieren. Dies beinhaltet die transparente Aufbereitung der finanziellen Situation, der sportlichen Ziele sowie dem gezielten Aufzeigen von mittel- & langfristigen Wachstumspotenzialen in den kommerziellen Geschäftsbereichen des Clubs.
Aus den transparenten Analysen und Bewertungen der Club-Situation lässt sich ein detaillierter Businessplan erstellen, der den Kapitalbedarf darstellt und die strategischen Ziele des Clubs sowie die Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte der Beteiligung klar definiert. Dies ist entscheidend für den Erfolg der zukünftigen Zusammenarbeit.
Dieser Geschäftsplan bildet die Finanz- und Beteiligungsstrategie ab, mit welcher an potenzielle Investoren herangetreten werden kann, um strukturierte und langfristige Partnerschaften zu etablieren und die finanzielle sowie sportliche Zukunft des Clubs zu sichern.
Bei HORSTMANN Consulting bieten wir Ihnen fundierte Analysen und umfassende Unterstützung, um Ihren Club optimal auf Gespräche mit Investoren und Beteiligungen vorzubereiten. Bei Interesse stehen wir Ihnen gerne für einen ersten Austausch zur Verfügung.
Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text das generische Maskulinum verwendet. Gemeint sind jedoch immer alle Geschlechter.
08.08.2024