#034 - Klassische Dauerkarten-Modelle und deren Rabattierung sowie die No-Show-Quote
Die Bundesliga und die 2. Bundesliga zeichnen sich im internationalen Vergleich seit Jahren durch beeindruckende Zuschauerzahlen aus. Ein wesentlicher Faktor für die hohe Auslastung in beiden Ligen sind die Dauerkarten. Im Durchschnitt wurden in der abgelaufenen Saison in der Bundesliga 21.911 und in der 2. Bundesliga 14.547 Dauerkarten mit Status Hinrunde verkauft, was ca. 55% des Zuschauerschnitts in der Bundesliga und fast 50% in der 2. Bundesliga ausmacht.
Dauerkarten bieten den Clubs finanzielle Stabilität und Planungssicherheit zu Beginn einer Saison. Allerdings bringt das traditionelle Dauerkartenmodell auch Nachteile mit sich, insbesondere in Bezug auf die No-Show-Rate und die oft erhebliche Rabattierung. In diesem Blog-Beitrag untersuchen wir, wie sich Dauerkarten auf diese Faktoren auswirken und ob das innovative Modell der „Flex-Dauerkarte“ aus dem europäischen Profifußball eine vielversprechende Alternative darstellen könnte.
Die Probleme der klassischen Dauerkarten-Modelle
Die Rabattierungen für Dauerkarten variieren je nach Preiskategorie und Verein. Während einige Clubs lediglich 5-10% Rabatt gewähren, bieten andere Ermäßigungen von bis zu 40% - dies zeigen unsere Projekterfahrungen der letzten Jahre. Diese hohen Rabatte reduzieren nicht nur das Erlöspotenzial der Vereine, sondern erhöhen auch das Risiko von No-Shows, also dem Fernbleiben von Dauerkarteninhabern bei Spielen. Insbesondere bei weniger attraktiven Begegnungen kann dies zu erheblichen Lücken im Stadion führen, denn die Spiele wurden sozusagen nicht bezahlt.
Die No-Show-Rate stellt für die Vereine der Bundesliga und der 2. Bundesliga ein bislang nicht gelöstes Problem dar. Nach Gesprächen mit Vereinsverantwortlichen liegt die durchschnittliche No-Show-Rate in der Bundesliga bei 8-10% und in der 2. Bundesliga bei etwa 15%. Trotz Bemühungen der Clubs, durch Zweitmarktplattformen oder gezielte Fan-Kommunikation die Auslastung der Stadien an Spieltagen zu maximieren, hat sich dieser Trend in den letzten Jahren eher verschärft. Öffentliche Zahlen für beide Ligen sind dazu nicht verfügbar.
Angesichts der Tatsache, dass in der vergangenen Saison ca. die Hälfte des Zuschauerschnitts aus Dauerkarteninhabern bestand, wird deutlich, dass traditionelle Dauerkartenmodelle überdacht werden sollten. Die Reduzierung der No-Show-Rate ist für die Vereine entscheidend, da sie direkte Auswirkungen auf die Einnahmen an Spieltagen hat, etwa durch den Verkauf von Verpflegung und Merchandise. Und der Anteil der Dauerkarten an den No-Shows ist überproportional, sicher auch durch den Rabatt und die somit „freien“ Spiele begründet. Die Herausforderung besteht darin, ein Gleichgewicht zwischen dem Verkauf und der Rabattierung von Dauerkarten und der Minimierung der No-Show-Rate zu finden, um eine lebendige und vollbesetzte Stadionatmosphäre zu gewährleisten und die Erlöse zu maximieren. „One-size-fits-all“ ist nicht die Zukunft der Ticketvermarktung.
Modell der Flex-Dauerkarte
Durch innovative Ansätze können Clubs den Anforderungen des modernen Fußballs und den Erwartungen der Fans durchaus noch besser gerecht werden. Ein effektiver Weg, dies zu erreichen, sind variable Dauerkarten-Modelle, die flexible Preisgestaltung und Anpassungsmöglichkeiten an unterschiedliche Fanbedürfnisse bieten. Ein solcher Ansatz ist das Modell der flexiblen Dauerkarten für eine bestimmte Anzahl an Spielen.
Flexible Dauerkarten-Modelle erlauben es Fans, entweder eine Dauerkarte für eine selbst gewählte Anzahl von Spielen oder ein festes Dauerkarten-Bundle für vorgegebene Spiele zu erwerben. Diese Auswahlmöglichkeiten bieten sowohl den Käufern als auch den Clubs diverse Vorteile:#
Zeitliche Flexibilität: Fans, die beruflich oder familiär stark eingebunden sind, können ihre Spiele flexibel auswählen und sicherstellen, dass sie an den jeweiligen Spieltagen Zeit haben.
Finanzielle Flexibilität: Durch die Option monatlicher Zahlungen, die bereits bei einigen klassischen
Dauerkarten-Programmen genutzt wird, können Fans die Kosten über mehrere Monate verteilen und so die finanzielle Belastung reduzieren.
Engagement: Die Möglichkeit, Wunschspiele auszuwählen, steigert die Wahrscheinlichkeit, dass Tickets genutzt werden,
und verringert somit die No-Show-Rate im Stadion.
Durch diese drei Faktoren profitieren Clubs, da sie eine gleichmäßigere Verteilung der Zuschauerzahlen über die Saison hinweg erreichen können und die gewährten Rabatte reduzieren. Zugleich werden die Fanzentrierung und die direkte Kommunikation mit dem Fan gestärkt.
Beispiele aus Europa
Der FC Kopenhagen ist ein Vorreiter im Bereich der flexiblen Dauerkarten. Neben der klassischen Dauerkarte, die auch monatlich bezahlt werden kann, bietet der Verein die „FCK Subscription“ an, eine Art Dauerkarten-Abonnement. Dieses Modell funktioniert ähnlich wie ein Netflix-Abonnement, mit monatlicher Zahlung und der Möglichkeit zur monatlichen Kündigung. Käufer können somit flexibel entscheiden, wie viele Spiele sie besuchen möchten. Zudem ist das Abonnement weder an einen bestimmten Platz noch an eine feste Tribüne gebunden. Auf der Website des Vereins wird erläutert, dass Tribünen je nach Präferenz gewechselt werden können, wobei die Preisdifferenz entweder nachgezahlt oder erstattet wird. Das Abonnement kann auch verliehen werden. Der Ticketing- und Kundenservice-Manager des FC Kopenhagen bezeichnete das Modell als vollen Erfolg, insbesondere bei 15- bis 24-Jährigen, die zuvor keine Dauerkarten gekauft hatten.
Inspiriert vom Erfolg des dänischen Rekordmeisters, haben auch Vereine in der norwegischen und belgischen Liga ähnliche Modelle übernommen. Der Club FK Viking konnte nach einer Saisonanalyse und Umfrage einen signifikanten Anstieg an Erstkäufern verzeichnen, und 70% der Käufer zeigten sich mit der Abonnement-Dauerkarte zufrieden. Viele weitere Clubs in Norwegen haben dieses Modell mittlerweile implementiert, während die Liga einen Zuschauerzuwachs von knapp unter 6.000 auf über 7.000 im Schnitt verzeichnen konnte.
Auch in England findet das Modell zunehmend Anwendung. Besonders Clubs aus den unteren Ligen bieten flexible Dauerkarten an. Plymouth Argyle (2. Liga), sowie Carlisle United und Peterborough United (3. Liga) ermöglichen es Fans, eine Dauerkarte für eine bestimmte Anzahl an Spielen zu erwerben, die sie selbst auswählen können. Zudem bieten sie Vorabzugriff auf Pokalspiele, ähnlich wie bei anderen Dauerkarten-Modellen.
Für die Saison 24/25 hat auch Manchester City erstmals das „Flexi-Gold Season Ticket“ eingeführt. Dieses Modell, das als „pay-as-you-go style“ beschrieben wird, ermöglicht es Fans, einen garantierten Platz im Etihad Stadium zu sichern und jeweils drei Wochen vor dem Spieltag zu entscheiden, ob sie das Spiel besuchen möchten. Entscheidet man sich dagegen, wird das Ticket regulär verkauft, was dem Club zusätzliche Einnahmen für diese Plätze verschafft. Die Preisvariation der Spiele bleibt dabei bestehen.
Ziele & Fazit
Um die Rabattierungen der Dauerkarten zu reduzieren und die No-Show-Rate zu verringern, sollten Clubs jeglicher Sportart ihre Dauerkartenmodelle überdenken. Dies kann zusätzlich zu einer Erlössteigerung und -optimierung in anderen Bereichen wie Merchandise und Catering führen, da im Schnitt mehr Zuschauer tatsächlich anwesend sind und den Fans weniger Rabatte gewährt werden. Modelle wie die oben beschriebenen Flex-Dauerkarten oder Dauerkarten-Abonnements könnten auch in Deutschland auf großes Interesse stoßen. Durch die erhöhte Flexibilität wird das Engagement der Käufer gefördert, zu den jeweiligen Spielen zu kommen, was die No-Show-Rate senkt. Gleichzeitig werden weniger Spiele angeboten, wodurch die Rabattierung reduziert wird.
Die Individualisierung der Fan-Interessen im modernen Fußball und Profisport stellen Clubs vor Herausforderungen und bieten zugleich Chancen, die innovativ angegangen werden müssen – so auch im Bereich des traditionellen Dauerkarten-Systems. Mit unserer Expertise in der Auslastungs- und Preisoptimierung begleiten wir Sie gerne und finden gemeinsam das optimale Modell für Ihren Club.
Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text das generische Maskulinum verwendet. Gemeint sind jedoch immer alle Geschlechter.
09.07.2024