#033 - Update - Taskforce Zukunft Profifußball: Fanwesen & Frauen im Fußball

 

Unser jüngster Blog-Beitrag markierte den Auftakt einer Serie, in der wir den Fortschritt der 17 Empfehlungen bzw. 5 Handlungsfelder des 2021 veröffentlichten Berichts der "Taskforce Zukunft Profifußball" bewertend analysieren. Die genannte Taskforce wurde damals vom DFL-Präsidium ins Leben gerufen, um über die nachhaltige Ausrichtung des deutschen Profifußballs zu beraten und Handlungsempfehlung mit Fokus auf gesellschaftlicher Verankerung und wirtschaftlicher Stabilität zu geben.

 

Unser Ziel ist es, anhand eines Ampelsystems einen Überblick über den Ergebnisstand der Empfehlungen nach drei Jahren zu geben. Wir begannen im ersten Teil mit der Ergebnis-Bewertung des ersten Handlungsfelds "Nachhaltigkeit im Profifußball" und in dem folgenden Blog-Beitrag werden wir nun die Handlungsfelder zwei und drei sowie die damit verbundenen sechs Empfehlungen eingehend betrachten.


Bewertungsskala


Fans/Fanwesen & Austauschformate

Im Rahmen des Ergebnisberichts der Taskforce wurde die Empfehlung gegeben, den Dialog zwischen den drei Parteien Fans, Clubs und der DFL zu intensivieren, gestützt durch die Einsetzung einer DFL-Kommission und der Gewährleistung einer repräsentativen Darstellung der vielfältigen Fanbasis durch legitim gewählte Vertreter. Auch von einer empirischen Studie zum Fan-Interesse und ihren Bedürfnissen ist im Bericht der Taskforce die Rede.

Eine Kommission Fans und Fankulturen wurde 2023 im Zusammenschluss von DFL & DFB implementiert. Dieses gemeinsame Beratungs- und Fachgremium widmet sich Themenbereichen, die Auswirkungen auf Fans oder fankulturelle Aspekte haben. Allerdings hat der Prozess zur Einholung eines strategischen Partners auf Liga-Ebene gezeigt, dass die Dialogstrukturen zwischen Fans, besonders der aktiven Fanszene, und DFL aktuell noch nicht ausreichend bzw. effektiv sind. Der öffentliche Diskurs bestand zeitweilig aus Tennisbällen und Spielunterbrechungen, weder konnten die Fanlager harmonisiert werden, noch konnte die DFL dafür sorgen, dass die Thematik lösungsorientiert und gemeinschaftlich behandelt wird. Obwohl die DFL sich bemühte, einen Dialog zu ermöglichen, interpretierte die aktive Fanszene die öffentliche Einladung eher als einen Schritt zur Erklärung und Deeskalation, denn als Chance für eine kritische Auseinandersetzung auf Augenhöhe. Trotz der Umsetzung der Empfehlungen der Taskforce haben sich die bisherigen Ansätze seitens der DFL als wenig zielführend erwiesen.

In Anlehnung an die Kommission Fan-Dialog sollten auch Kriterien für einen konstruktiven Austausch zwischen Clubs und Fans nach dem Ergebnisbericht der Taskforce durch gewisse Gütekriterien weiterentwickelt und standardisiert werden. Die diversen Fanszenen der DFL-Clubs könnten nach dem Expertengremium gezielter über digitale Ansprachen und Technologien angesprochen werden.

In Bezug auf den Club-Fan-Dialog wurden Ende 2021 durch einen Lizensierungsbeschluss Maßnahmen in dem Handlungsfeld ergriffen. Verbindliche Kriterien und empfohlene Qualitätsanforderungen wurden in die Lizenzierungsordnung der DFL aufgenommen. Diese Dialogformate sind darauf ausgerichtet, strukturierte Gespräche zwischen Clubs und Fans zu verschiedenen Themen zu ermöglichen. Gemäß der Lizenzierungsordnung müssen alle Themen, die direkt oder indirekt die Fangruppen betreffen, mit diesen nach konkreten Vorgaben besprochen werden. Schon vor der Verabschiedung richteten aktive Fanszenen Appelle an die Clubführungen, sie stärker in Dialog zu Entscheidungsprozessen einzubeziehen. Ähnlich wie im vorangegangenen Handlungsfeld hat insbesondere der strategische Partnerschaftsprozess auf Liga-Ebene gezeigt, dass trotz der Intensivierung und Weiterentwicklung der Club-Fan-Dialoge noch Defizite im Meinungs- & Interessensaustausch bestehen.

Es wurde empfohlen, neben den Fan-Dialogen auch den Austausch zwischen den Clubs und der DFL durch die Optimierung von Austauschformaten und die Integration von Benchmarking-Prozessen zu fördern. Zudem sollten Best Practices aus anderen Ligen und Ländern durch regelmäßige Vergleichsstudien herangezogen werden. Für uns erscheint diese Thematik nicht als ein akutes Handlungsfeld, da ein intensiver Austausch - wenn auch teilw. nicht öffentlich ersichtlich - auf Club-Ebene zu unterschiedlichsten Themen, wie der Internationalisierung, dem Ticketing etc., bereits vor der Einberufung der Taskforce gegeben war und weiterhin vorhanden ist. Mit dem Nachhaltigkeitskongress wurde zudem eine weitere Austauschplattform 2022 von der DFL zum Themenfeld Nachhaltigkeit geschaffen.

Es wurde vorgeschlagen, den mit der Taskforce gestarteten Prozess zur regelmäßigen Überprüfung von Entwicklungen und Fortschritt der Handlungsempfehlungen zu institutionalisieren. Hierzu sah die Taskforce die Schaffung eines unabhängigen, interdisziplinär zusammengesetzten Beirats an, der die Umsetzung begleitet und evaluiert. Dieser Beirat sollte regelmäßige Reflexionen und Beratungen zur Weiterentwicklung des Profifußballs ermöglichen.

Bereits im Februar 2021 wurde die Einrichtung eines interdisziplinären Beirats mit externen Vertretern vom DFL-Präsidium beschlossen, jedoch sind seitdem keine weiteren Informationen rund um die Auslegung dieses und mögliche Beratungs- sowie Empfehlungsergebnisse bekannt.


Frauen im (Berufsfeld) Fußball & Frauenfußball

Die Förderung von Frauen im Fußballberuf sollte nach der Taskforce ebenfalls verstärkt werden, einschließlich Maßnahmen wie der Erhöhung der Vielfalt in Führungspositionen, der Unterstützung von Trainerinnen und Schiedsrichterinnen oder Schaffung von Karriereperspektiven und erhöhte mediale Sichtbarkeit. 

Erstmals erhielten 2021 zwei Frauen Stipendien für das "Management im Profifußball"-Zertifikatsprogramm, was einen Schritt zur Chancengleichheit darstellt. Zudem hat die DFL in Zusammenarbeit mit der externen Fachberatung Odgers Berndtson und dem Frauen Karriere Index (FKI) in 2021 und 2022 Analysen zum Thema Geschlechtergerechtigkeit im Fußball durchgeführt. Die Ergebnisse lieferten einen Überblick zum Status quo von Frauen im Beruf Fußball und die Grundlage für eine Workshop-Reihe mit den Personalverantwortlichen, CSR-Mitarbeitende und Diversity-Beauftragte der 36 DFL-Clubs und Mitarbeitenden des DFB, um das Thema Geschlechtergerechtigkeit im Profifußball weiter zu forcieren. 

Trotz Bemühungen bleibt die Unterrepräsentation von Frauen im Fußballberuf aktuell jedoch noch bestehen, wie eine Diversitätsanalyse von „Fussball kann mehr GmbH“ aus dem Jahr 2023 zeigt. Lediglich 4 Frauen besetzten die 150 Führungspositionen der ersten beiden Profiligen – eine eigenständige Analyse ergibt keine Steigerung der Zahlen. In den Aufsichtsräten waren es laut der Diversitätsanalyse etwa 10 Prozent der Posten, 39 Frauen und 367 Männer. 21 von 36 Clubs hatten zum Zeitpunkt keine Frau im Aufsichtsgremium. Axel Hellmann, damaliger Interimschef der DFL, betonte ebenfalls die Notwendigkeit, die Durchlässigkeit für Frauen im Fußball zu verbessern. Auf Club-Ebene versucht beispielsweise Werder Bremen diese Schritte zu gehen, hier soll bis 2026 eine Parität in allen Gremien des Vereins und unter den Mitarbeitenden angestrebt werden, mindestens jedoch ein Frauenanteil von 25 Prozent.

Die Taskforce betonte die Notwendigkeit, den Frauenfußball verstärkt zu fördern, indem bestehende Strukturen unterstützt und neue aufgebaut werden, einschließlich des Schutzes von Traditionsclubs. Zudem wurden Partnerschaften mit Männer-Bundesligavereinen empfohlen. Ein übergreifender Maßnahmenplan wurde ebenfalls vorgeschlagen. 

Seit dieser Saison wird in der DFL-Lizenzierungsordnung vorgeschrieben, dass die Clubs der Bundesliga & 2. Bundesliga entweder einer Frauen- und/oder Mädchenmannschaft zu offiziellen Wettbewerben anmelden oder eine Kooperationsvereinbarung mit einem Fußballclub eingehen müssen. Die meisten der 36 DFL-Clubs der Saison 2023/24 haben mittlerweile eine eigene Frauenabteilung, während einige Kooperationen mit lokalen Frauenmannschaften eingegangen sind. Einzig beim 1. FC Kaiserslautern startet eine neue Frauenmannschaft erst ab der Saison 2024/25. Der Schutz von Traditionsclubs des Frauenfußballs hingegen scheint nicht ersichtlich. In der aktuellen Frauen-Bundesliga findet sich nach dem Abstieg des Traditionsclub Turbine Potsdam nur noch ein Club mit der SGS Essen, bei dem die Frauenabteilung die einzige professionelle Mannschaft und damit das Clubaushängeschild stellt. Die restlichen Clubs besitzen ebenfalls eine professionelle Herrenmannschaft in einer der höchsten drei Spielklassen. 

Die DFL unterstützte des Weiteren die Erarbeitung der vom DFB & Two Circles 2022 veröffentlichten Studie „Neue Perspektiven - Wirtschaftliche Zukunft der Frauen-Bundesliga“ indem sich u. a. 34 DFL-Clubs an quantitativen Umfragen & qualitativen Interviews zur Analyse des Stellenwerts des Frauenfußballs beteiligten. Laut den Studienergebnissen stufen 33% der Clubs ihr Investment in den Frauenfußball und die damit verbundene Förderung bis 2027 als „hoch“ ein, wobei die Clubs es dabei als oberste Priorität betrachten, die Sichtbarkeit des Frauenfußballs zu erhöhen.  

Die Entwicklung der Zuschauerzahlen und damit verbundene Sichtbarkeit lässt bereits darauf schließen, dass der Frauenfußball mehr Aufmerksamkeit generiert. 359.404 Zuschauer konnten sie in der Saison 22/23 verzeichnen, 2.723 im Schnitt pro Spiel, ein deutlicher Anstieg zur Saison 19/20 (85.748) vor Corona. Auch diese Saison verzeichnet die Liga einen Anstieg, bisher etwa 2.990 pro Spiel und im „High-Case“-Szenario der DFB & TWO-Circles Studie werden es 2031/32 durchschnittlich 7.500 Zuschauer sein. Um dies jedoch zu erreichen, wird es voraussichtlich auch weitere (kommunikative) Maßnahmen bzw. Kampagnen zur Förderung des Frauenfußballs vonseiten der DFL brauchen.

Logo-Quelle: DFB
Logo-Quelle: DFB

Fazit

Mit der Weiterentwicklung und Intensivierung von der Fan-Club-Dialoge durch die Verankerung von Grundvoraussetzungen sowie Qualitätsanforderungen in der Lizensierungsordnung und den Start der Kommission Fans und Fankulturen im Jahr 2023 wurden Schritte unternommen, um die Handlungsempfehlungen zur Thematik Fanwesen und Austauschformate voranzutreiben. Jedoch haben die Diskussionen über einen strategischen Partner für die DFL auch aufgezeigt, dass weiterhin Herausforderungen bestehen und sowohl auf Verbands- als auch Club-Ebene eine stetige Weiterentwicklung der bestehenden Dialog-Strukturen zu den Fans forciert werden sollte.

Der Frauenfußball verzeichnet über die vergangenen Jahre eine Steigerung der Zuschauerzahlen. Ab der kommenden Saison werden sämtliche DFL-Clubs aus der Spielzeit 2023/24 entweder über eine Frauenmannschaft oder eine Kooperation mit einem reinen Frauenteam verfügen. Und so ist die Förderung des Frauenfußballs von Seiten der DFL-Clubs ersichtlich. Jedoch scheint sich dies negativ auf den Schutz von Traditionsclubs des Frauenfußballs auszuwirken, da nur noch ein Club in der Frauenbundesliga spielt, der keine Verbindung zu einem der Clubs der DFL-Ligen und 3. Liga aufweist und die Startplätz vermehrt an DFL-Clubs wie zuletzt die Frauen-Mannschaft von RB Leipzig gehen. Zudem bleibt die Unterrepräsentation von Frauen im Fußballberuf trotz erster Initiativen eine Herausforderung, wie durch die dargestellte Zahlenlage deutlich wird.

Beide Handlungsfelder wurden dementsprechend von der DFL angegangen und zum Teil sind konkret Umsetzungsschritte zu sehen, in Teilen jedoch mit weniger effektiven Ergebnissen. Somit lässt sich ein durchschnittliches Fazit zu dem Ergebnisstand der zweiten und dritten Handlungsfelder aus dem Ergebnisberichts der Taskforce Zukunft Profifußball ziehen.

 

In den kommenden Wochen werden wir die weiteren Handlungsempfehlungen in nachfolgenden Blog-Beiträgen beleuchten und ihren Ergebnisstand und Auswirkungen herausarbeiten.


Für manche Handlungsfelder hat unsere Recherchen keinen neuen Bearbeitungsstand ergeben. Dies ist aufgrund fehlender öffentlicher Informationen möglich und die getroffenen Aussagen entsprechen nicht zu 100% dem aktuellen Status, da wir uns nur auf öffentliche Daten stützen können.


Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text das generische Maskulinum verwendet. Gemeint sind jedoch immer alle Geschlechter. 

 

21.05.2024

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